Die Vollversammlung der Vereinten Nationen ("VN") tagt wieder in New York und wie jedes Jahr spielt der Nahe und Mittlere Osten wieder eine zentrale Rolle in der Diskussion der Staatenlenker. Nachdem die USA und Präsident Barak Obama nun die von Israel geforderte "rote Linie" [Haarez, 26.09.2012] offenbar doch, wenn auch sehr im diplomatischen Jargon verpackt, abgesteckt haben, liegt der Ball nun wieder im Iran. Offenbar ist diese rote Linie der Besitz von einsatzbereiten Nuklearwaffen auf Seiten des Iran. Auch hat Obama klare Worte in Zusammenhang mit dem jüngst zum internationalen Skandal avancierten Video "The Innocence of Muslims" gefunden, das er selbst als "crude and disgusting" bezeichnet. So sagt Obama: "There are no words that excuse the killing of innocents. There is no video that justifies an attack on an Embassy." Europas und insbesondere Österreichs Außenpolitik ist im "Weltparlament" aber kaum mehr wahrnehmbar, die Organe der VN spielen eine immer geringere Rolle und eine Reform der VN liegt, wie immer, in weiter Ferne.
Die doch einigermaßen klaren Worte von Präsident Obama können, im Gegensatz zu anderen transatlantischen Ratschlägen, insbesondere was die Bewältigung unserer diversen Krisen betrifft, auch einmal für Europa gelten. Das europäische Selbstbewusstsein scheint in mancherlei Hinsicht schon dermaßen schlecht zu sein, dass sich die meisten Statements zu diesem Thema wie Entschuldigungen für eigenes Fehlverhalten anhören. [1] Europas Politik und auch eine Mehrheit der Medien ließ geradezu Verständnis für die spontanen Zornesausbrüche erkennen [2]. Anstatt die eigenen Werte zu verteidigen und sich dafür einzusetzen wandelt Europa immer noch Richtung Canossa oder enthält sich ganz einer klaren Absage. Die VN selbst helfen auch nicht Probleme zu lösen und die fundamentalen Werte, die ja immer noch auf der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beruhen, zu verteidigen. Die Weiterentwicklung der Weltpolitik und deren Beitrag zur Lösung der Konflikte sind fast nicht mehr sichtbar, ja es gibt eigentlich nur mehr Rückschritte. Die VN versagen immer öfter selbst bei ihrer wichtigsten und eigentlichen Aufgabe, der Friedenssicherung und Erhaltung. Als aktuelles Beispiel muss wieder mal der Nahe Osten, insbesondere Syrien genannt werden. Sogar von Ihrem höchsten Gremium, der Generalversammlung, wird den VN dieses Versagen vorgeworfen. [3]
Bundespräsident stellt Rule of Law in den Mittelpunkt
Bundespräsident Heinz Fischer hat in seiner Rede vor der Generalversammlung der VN am 24.09.2012 das Thema "Rule of Law" in den Mittelpunkt gestellt und nur eine zaghafte Äußerung zum Thema Redefreit darin vorkommen lassen: "Freedom of expression, the right to receive and impart information, is essential in building democratic societies based on the rule of law. Journalists play a crucial role in this process. In order to respond to the worrying trend of increased attacks against journalists worldwide, Austria has placed the safety of journalists high on its human rights agenda."[4]
Reform der VN als Chance
Die ehemals großen politischen Bemühungen hinsichtlich einer Befriedung des Nahen und Mittleren Ostens spielen schon lange keine Rolle mehr. Österreichs gegenwärtige außenpolitische Strategie ist anscheinend, außenpolitisch um keinen Preis aufzufallen um den Status quo nicht zu gefährden. Das soll natürlich keinesfalls die vielfachen Bemühungen der österreichischen Diplomatie in sehr vielen Politikfeldern wie Menschenrechte, Abrüstung (zB das Thema Verbot von Landminen) und viele andere, schmälern. Jedoch wäre gerade Österreich als ein Land, das sich rühmen kann einen Hauptsitz der VN zu beherbergen, dazu prädestiniert sich vermehrt um die schon lange notwendige Reform der VN und insbesondere des Sicherheitsrates zu bemühen. Die Behandlung dieses Themas würde dem von Bundespräsidenten forcierten Thema "Rule of Law" nicht widersprechen, sondern sogar forcieren und Österreich wieder eine etwas exponiertere Stellung in der Welt und somit mehr Gewicht verschaffen. Außerdem würde dieses Thema der für Österreich wichtigen VN-Standortpolitik dienen, einer Abwertung des Wiener Hauptsitzes entgegenwirken und es könnte schließlich langfristig zu einer effektiven Friedenssicherung beitragen. Zusätzlich könnte Österreich beim Aufbau einer europäischen Außenpolitik federführend tätig werden und seine alten Traditionen und Erfahrungen dabei aktiver als bisher einbringen.
Schließlich muss die Außenpolitik in Österreich wieder ernst genommen werden und mehr Profil erhalten und seinen Status des Zuschauers zu einem eines "Stakeholders" wandeln. Das gilt übrigens auch für Europa, das in letzter Zeit zu sehr mit sich selbst beschäftig ist und darüber vergisst, dass die diversen aktuellen Krisen keine kontinentalen Grenzen kennen und dass nur klare Worte und das gemeinsame Einstehen für die europäischen Grundwerte zu positiven Lösungen, sowohl in der europäischen Krise, im Nahen Osten als auch in der Frage der Reform der VN beitragen können.
Anmerkungen:
[1] Vgl. tagesschau.de, 17.09.2012, Merkel fürchtet um öffentliche Ordnung; Interessant auch zu diesem Thema: dasbiber.at, Eran Yardeni, Die Diskriminierung als politische Waffe im Kampf der Kulturen;
[2] Vgl. Verteidigen wir doch das Recht andere beleidigen zu dürfen, Die Presse, 15.09.2012;
[3] Vgl. UN-Vollversammlung wirft Sicherheitsrat in Syrien Versagen vor, Die Zeit Online, 04.08.2012;
[4] Vgl. Rede des österreischischen Bundespräsidenten Heinz Fischer am 24.09.2012 vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen;